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Die Schriftstellerin Angelika Klüssendorf zu Gast

Hoppegarten, den 17. 04. 2015

Wann ist eine kulturelle Veranstaltung erfolgreich? Im Fernsehen würden die „hohen Wächter“ selbst in den öffentlichen rechtlichen Sendern sofort die Einschaltquote befragen. Dass da im Programm täglich Krimis hoch und runter laufen oder für  „König Fußball“ an diversen anderen Sport die Gebühren verballert werden, na ja: Eigentlich sind wir doch selbst daran Schuld. Dabei könnten  wir mit einem fernsehfreien Abend als stillen Protest demokratisch Zeichen setzen!

 

Die Gruppe mach art im Hönower Bürger-Verein tut das auf ihre Art. Seit Januar 2014 wird von ihr die ehrgeizige Reihe „Einfach lesen!“ organisiert und betreut.  Wobei nicht nur Autoren großer Literatur in den Gemeindesaal Hoppegarten zu Gast sind, sondern beispielsweise Frank Nussbücker  mit „111 Gründe, den 1. FC Union Berlin zu lieben ...“ eine neue Zielgruppe angesprochen wurde. Der Kultverein tief im Osten der deutschen Hauptstadt ist ja mehr als nur Fußball ...

 

Was das inhaltliche Konzept in diesem Jahr angeht, so geht es um die Kinder der Teilung, also jene Schriftsteller, die Ende der 1950er- und Anfang der 1960-Jahre geboren sind. Marion Brasch, die am 26. Juni kommt, Alexander Osang, der am 25. September erwartet wird, und  Angelika Klüssendorf, die am vergangenen Freitag mit ihrem bei Kiepenheuer & Witsch erschienenen vielgelobten Roman „APRIL“ [Nominierung für den Deutschen Buchpreis 2014!] den Auftakt machte. Das ist eine Geschichte einer jungen Frau, die immer wieder auf die Schnauze fällt, und doch jedes Mal  aufsteht bei der Suche nach dem eigenen ICH.

 

Natürlich spiegeln sich da ganz persönliche Erfahrungen der 56-Jährigen wider, die 1985 aus der DDR ausreiste und heute  bei Beeskow in einem 200 Seelen-Dorf lebt, um nicht zuletzt in Ruhe schreiben zu können. „Aber viel erlebt zu haben, garantiert noch lange nicht, gute Literatur“, wird sie nach der Lesung in der sich anschließenden Gesprächsrunde feststellen. Um gleichzeitig die Besucher aufzufordern, unbedingt viel zu lesen. Und auch einen Filmtipp hat die Klüssendorf, deren Lieblingswort Sehnsucht ist, auf Nachfrage parat. Es ist die schwarze US-Komödie Birdman  oder [Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit].

 

Dass Schreiben Arbeit ist, wird klar, als sie mitteilt, dass der knapp über 200 Seiten Endfassung von April gut 5000 Manuskriptblätter gegenüber stehen. Was für ein Berg, der da abgetragen werden musste! Es ist  dabei der  ihr eigene lakonischer Stil, der fesselt, und am Ende stehen Sätze wie dieser: „Doch das Wahre vom Falschen zu unterscheiden ist so, als müsste sie lernen, mit geschlossenen Augen zu schielen.“

Was die Besucher angeht, so meint Gudrun Jänisch aus Hönow zu der nicht nur für sie bewegenden Leseveranstaltung: „Sich nicht unterkriegen lassen, zäh und unabhängig sich weiter entwickeln –  das ist die Lebensregel von April und ganz sicher auch von Angelika Klüssendorf. Ich bin beeindruckt von der Autorin, von ihrer Natürlichkeit und ihrer Direktheit. Ich habe „April“ sofort gekauft und mir ihre Einstellung zu Niederlagen als Widmung reinschreiben lassen: Zwei Tage sauer sein – und dann geht’s weiter. Gibt es eine bessere Lebensregel?

Ich danke der Gruppe mach art für die Organisation der Veranstaltung und besonders auch Raymund Stolze für seine einfühlsame und konstruktive Moderation.“

 Und ins „Einfach-Lesen-Gästebuch wird Angelia Klüsseldorf notieren: „Ein sehr schöner Abend – bis zum nächsten mal ...“ Was durchaus vorstellbar ist, denn nach „Mädchen“ und „April“ ist sie fest entschlossen, ihrze  Romantrilogie mit einem dritten Band abzuschließen. Wir dürfen also gespannt sein auf den weiteren Weg ins Leben des Mädchens April ...

Was die eingangs gestellte Grundsatzfrage angeht, so hätten sich die Veranstalter natürlich am liebsten einen übervollen Saal gewünscht. Aber die  Gemeinde, die das Projekt  „Einfach lesen!“ finanziell fördert, übt keinerlei Druck in dieser Hinsicht aus. Da ist Vertrauen in mach art, weil diese Künstlergruppe sich ehrenamtlich um interessante Kulturangebote bemüht, die es einfach im Ort geben muss –  siehe auch die Galerie im Rathaus Hoppegarten. Und das braucht schon  einen langen Atmen  ...

 

PHILIPP HARTUNG

 

Bild zur Meldung: Schriftstellerin Angelika Klüssendorf und Moderator Raymund Stolze

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